Debian Sid / Unstable – Testbericht

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Willkommen zurück. Mein Name ist Michael und heute schauen wir uns eine rollende Debian Ausgabe an. Debian Sid oder auch unstable genannt ist der rollende Zweig von Debian, der wie Arch oder openSUSE Tumbleweed stets mit neuesten Paketen und Softwarestand kommt. Klingt doch gar nicht mal so uninteressant oder? Genau aus dem Grund schauen wir uns heute Debian Sid einmal genauer an. Bleibt dran.

Das ist Debian SID

Von der Linux Distribution Debian gibt es immer drei Ausgaben. Stable, Testing und Unstable. Unstable trägt aber auch den Namen Sid, der vermutlich gleich etwas weniger dramatisch klingt. Denn unstable könnte man auch gleich für instabil oder nicht-stabil halten. Aber vielleicht ist es auch nur eine unglückliche Namensgebung. Wir finden es heraus, keine Sorge.

Debian Sid wird von Debian wie folgt selbst beschrieben:

An der Unstable-Distribution findet die aktive Entwicklung von Debian statt. Diese Distribution wird hauptsächlich von Entwicklern und Leuten genutzt, die immer den aktuellen Stand der Entwicklung wollen. Wir empfehlen, dass Benutzer, die Unstable verwenden, die Mailing-Liste debian-devel-announce abonnieren, um Benachrichtigungen über größere Änderungen zu erhalten. Ein Beispiel sind Aktualisierungen, die möglicherweise nicht funktionieren.

Wir können also feststellen, bei Sid ist immer viel Bewegung im Bauch. Wer das nicht mag, ist definitiv bei Stable besser aufgehoben.

Ein kleiner Hinweis noch: Dieser Test wird inhaltlich von meinen gewöhnlichen Tests abweichen. Es macht an der Stelle nicht so viel Sinn Debian Sid mit dem üblichen Maßstab zu bemessen, denn es ist nicht die präferierte Ausgabe von Debian. Das ist und bleibt nunmal Stable.

Stabilität bei Sid

Sid ist rollend und meiner Meinung nach wird Sid dem Ausgabennamen Unstable nicht gerecht. Es ist nicht instabil im Sinne von heute installiert und morgen schon geschrottet. Das ist mir nicht passiert. Diese Instanz ist eine Kopie der Instanz, die ich für die Tux Tage 2021 aufgebaut hatte. Da hatte ich schon ausführlicher über Debian Sid referiert im Rahmen meines Betrags über die drei Debian Editionen und welche für was gut geeignet ist. Wenn Dich das näher interessiert, auf meinem YouTube Kanal findest Du das Video dazu. In der Videobeschreibung findest du die URL dazu. Gerne mal reinschauen wenn Dich Debian interessiert.

Kommen wir auf die Stabilität zurück. Ich sage nicht, dass Sid instabil ist. Ich sage aber gleichzeitig auch nicht, dass Sid genauso robust ist wie Stable. Es ist von der Zuverlässigkeit schon weit vorne aber hat nun mal viel mehr Bewegung und Veränderungen im Paketstand als Stable, wo mehrheitlich nur Sicherheitsaktualisierungen kommen.

Diese Instanz habe ich nicht tagtäglich im Einsatz. Sie wird in unregelmäßigen Abständen jedoch immer wieder verwendet. Die Abstände schwanken in der Bandbreite von Tage bis Wochen. Der längste Zeitraum war aber auch mal 2 Monate. Manchmal liest man Meldungen, dass rollende Distros unter Umständen in Probleme reinlaufen, wenn man die Aktualisierungen zu lange hinauszögert und es dann gerne zu Abhängigkeitsproblemen etc kommen kann. Dieses Problem hatte ich in der Tat auch schon aber nicht nur mit Sid, sondern auch mit anderen rollenden Distros wie Tumbleweed, sowie Garuda Linux und Endeavour OS. Also das ist keine Besonderheit von Sid, sondern ist eine generelle Thematik bei rollenden Distros.

Wenn solche Probleme mal aufkommen, habe ich bei Debian Sid die Erfahrung gemacht, dass Geduld die beste Reaktion ist. Wenn also das Full-Upgrade heute an einer Stelle scheppert, dann läuft es gerne am nächsten Tag durch, wenn man die Aktualisierung nochmal anwirft. Das ist jetzt natürlich kein Garant, dass pauschal alle Probleme damit abgefedert werden. Wird der Grub Bootloader z.B. nicht sauber installiert, wird diese Methode nicht funktionieren. Also seht das nicht als Blankoschein. Seht es aber vielmehr als dringende Warnung, dass wenn man in solche Situationen hineinläuft, man die fachliche Kompetenz besitzen muss das Problem zu erfassen und einzuschätzen. Wer das nicht kann oder nicht will, ist hier fehl am Platz. Ich musste nicht oft eingreifen, aber ich kann bestätigen, dass es sich nicht gänzlich vermeiden lässt.

Meine Debian Sid Instanz

Schauen wir uns kurz mein System hier einmal an. Ausgangslage war Debian Stable mit Transformation zu Sid über Testing. Wie das alles geht, hatte ich ebenfalls schon thematisiert. In der Beschreibung ist dazu auch der Link. Debian Sid kannst Du nicht einfach mal so wie Ubuntu oder Linux Mint installieren und das behandelt der Beitrag in der Beschreibung.

Bei mir ist derzeit Gnome 43.1 installiert. Das Dock unten wird über die Gnome Erweiterung „Dash to Dock“ realisiert. Die transparente Leiste oben wird über die Erweiterung „Transparent Top. Bar“ realisiert. Als Thema für die Legacy Apps ist „Adw-gtk3“ installiert und die Symbole heißen „Collioid“. Der installierte Kernel ist derzeit Kernel 6.0.0.3. Doch beachtet, dass das schon morgen wieder aktualisiert werden könnte. Also nehmt Gnome Version und Kernel Version nicht als in Stein gemeißelt an. Hier ist wirklich viel Bewegung drin und Debian Sid wird zeitnah modernisiert.

Probleme mit Paketabhängigkeiten gab es. Hier habe ich die Erfahrung gemacht, dass Warten und später nochmal probieren, oftmals die einfachste Lösung ist. Aber wie schon gesagt, es kommt auf den Einzelfall an. Du musst das halt aus technischer Perspektive einschätzen können bei Sid vielleicht sogar noch mehr als bei anderen rollenden Distros, denn Sid ist für die Paketintegration vorgesehen, nicht vordergründig der Betrieb. Das muss man sich immer vor Augen führen. Wer auf Sid umsattelt, muss dieses Risiko kennen.

Debian Stable, Testing oder Sid – was nehmen?

Bleibe bei der Debian Empfehlung. Stable ist die Wahl für alle, die eine offizielle Debian Ausgabe einsetzen möchte. Nur hier gibt es Versorgung durch das Debian Security Team. Testing und Unstable werden nicht versorgt. Wer möglichst viel Komfort mag, ist bei Stable gut aufgehoben. Wer auf Testing oder Sid wechselt, verlässt das gepolsterte Sitzkissen und muss mehr Eigenverantwortung tragen, landet unter Umständen auf dem harten Boden wenn ein Fehler auftritt, den man selbst nicht lösen kann. Testing und Sid haben weitaus neuere Software als Stable das ist unbestritten. Doch lediglich Stable wird akkurat mit Sicherheitsaktualisierungen versorgt.

Wer ein Betriebssystem für den Desktop sucht, sollte für einen stressfreien Betrieb Debian Stable einsetzen. Ist Dir Debian Stable zu alt, empfehle ich Ubuntu oder Pop!_OS als modernere Alternativen. Dabei handelt es sich auch um Verwandte mit Debian Paketformat.

Wer ein Betriebssystem für den Server sucht, sollte für einen stressfreien Betrieb Debian Stable einsetzen. Auch hier der Hinweis, dass wenn Dir für Deine Plattform die Debian Base Packages zu angestaubt sind, könnte Ubuntu Server hier vielleicht die clevere Wahl sein.

Bei Debian bekommst Du keinen kommerziellen Support für den Server und Desktop. Bei Ubuntu kannst Du für den Server Support kaufen und am Desktop gibt es mittlerweile Ubuntu Pro. Für Debian gibt es natürlich auch professionellen Support z.B. durch IT-Systemhäuser. Auch gibt es die Möglichkeit spezielle LTS Pakete für ältere Stable Ausgaben gegen Gebühr zu bekommen. Doch generell kommt Debian ohne Garantie und Gewährleistung. Das ist zunächst nichts Negatives, doch geht es zu sehr ins Business, dann sollte die Supportfrage für das Betriebssystem klar geregelt sein. Daher lediglich mein Hinweis auf Ubuntu.

Fazit und Gedanken zu Debian Sid

Ich habe Sid nie produktiv eingesetzt. Mir boten die neuen Pakete von Sid oder Testing nie einen Mehrwert gegenüber dem ruhigen Betrieb von Stable. Aus dem Grund läuft auf meinem privaten Server seit Jahren Debian Stable. Es läuft und läuft und läuft. Mir ist jedoch bekannt, dass es bei Debian Stable mit der Zeit zu Problemen kommen kann. So hatte ich selbst mal das Problem mit einer Nextcloud Instanz, dass die PHP Pakete von Stable veraltet waren. Hier hatte ich die Erfahrung gemacht, dass der Ubuntu Server sich hier besser eignet, weil die Pakete hier akkurater auf Stand gehalten wurden. Ebenfalls können bequeme Menschen Nextcloud als Snap Paket installieren, da ist dann auch alles auf Knopfdruck schon drin.

Meine Empfehlung bei Debian ist und bleibt die Stable Ausgabe, egal ob Server oder Desktop. Ich würde mir jedoch wünschen, Sid wird die zweite offizielle und rollende Ausgabe werden. Doch ich fürchte, dass der damit verbundene Aufwand die bestehenden Kapazitäten übersteigt. Das ist nicht negativ gemeint. Bisher ist es in der Tat so, dass wenn bei Sid mal etwas zwickt alle Zeit da ist das zu beheben. Es kann Stunden, Tage oder Wochen dauern. Es ist mit der Fehlerkorrektur kein spezieller Anspruch verknüpft. Würde Sid eine offizielle Ausgabe werden, würde sich das schlagartig ändern. Man müsste also Kapazitäten bereitstellen, die Sid auf Stabilität testen. Und genau aus dem Grund denke ich, dass das nicht kommen wird.

Ist das schlimm? Nein. Wer Sid unbedingt einsetzen möchte, kann dies jederzeit machen. Man muss sich selbst darum kümmern und trägt auch die Verantwortung für das System. Per se schlecht oder instabil ist Sid nicht. Doch gibt es hier in meinen Augen bessere rollende Lösungen. Hier würde ich openSUSE Tumbleweed empfehlen. Da gibt es getestete Schnappschüsse und dank BtrFS Dateisystem mit Snapper werden automatisch rückrollbare Schnappschüsse angefertigt. Geht also mal etwas schief, kann ein Schnappschuss zurückgerollt werden und das System ist wieder da. Das dauert keine 10 Minuten. Bei Debian Sid könnte man das nachbilden aber muss sich um alles selbst kümmern. Das ist ok. Debian Sid ist, anders als Tumbleweed, keine offizielle Ausgabe des Projekts.

Hab also im Kopf wenn Du auf Sid umsteigst, kann das künftig natürlich stabil laufen aber muss es nicht in dem Maß sein, wie man es von Stable kennt.  Empfohlen wird es von Debian nicht. Denn Debian deklariert Stable so:

Die stabile Distribution ist die zuletzt offiziell freigegebene Distribution von Debian.

Es ist die Produktivversion von Debian, jene Version, die wir primär zur Verwendung empfehlen.

Jetzt stellt sich die Frage, wie Du das siehst. Setzt Du Sid ein oder könntest Du es Dir vorstellen oder dann doch lieber Debian Stable bzw. andere Distro?

Ich hatte am Desktop mehrere Jahre Debian Stable verwendet. Doch mittlerweile bin ich mit einer anderen Distro am Desktop unterwegs. Lediglich am Server setze ich weiterhin auf Debian Stable, wenn auch gleich ich gestehen muss, Ubuntu Server und CentOS bzw. AlmaLinux machen mir durchaus schöne Augen. Da sich Debian am Server bislang keinen Patzer oder Fehltritt leistete, hat sich hier auch nichts verändert. Es gilt das alte IT Credo: Never change a running system“. Sid interessierte mich am Desktop nicht, da ich weiterhin zu Distros mit statischen Versionsstand tendiere. Stabilität hat für mich Prio und überragt somit das Interesse an neuesten Paketen. Dennoch muss sich eine gute Balance aus Stabilität und Aktualität ergeben.


7 Comments

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  1. Deshalb benutzte ich Debian Testing, dorthin gelangen nur die unstable Packete die zwei Wochen keine Probleme auf dem Sid Branch erzeugt habe. Benutzte ich auf zwei Desktops und einem Pinephone. In der Regel stabile und es harkt nur selten

  2. Servus Michael, ich nutze auf dem Desktop und dem Server Debian 11 Stable. Mit unfreier Software erkennt Debian beim Installieren seit Kurzem sogar den WLAN Adapter 🙂 Mit etwas Recherche richtet man auch den Vluetooth Lautsprecher ein. Mut KDE sieht Debian auch sehr gut aus. Ubuntu habe ich für den Desktop ausprobiert, bin aber sehr schnell wieder zu Debian zurückgekehrt. Ein schönes Wochenende und viele Grüße, Martin

  3. Debian Sid sehe ich als Spielwiese für die Programierer. Also vor dem Debian testing und einem Freeze in Richtung neuer Stable version. Praktisch das “Kuchenrezept” in seiner Grundzusammensetzung.

    Ich bin nur einfacher Endanwender und geduldig, daher mag ich Debian stable in Verbindung mit prop. Treibern. (z.B. WLAN)

    Was mich brennend interessiert:
    Wie setzt man unter Debian (stable) einen Spiegelserver (für die Linux-Isos und Zugriff für alle User) auf?
    Und was wären die tech. Mindesvorraussetzungen, abgesehen vom SSD-Speicherplatz.

    Dazu ein oder mehrere Videos detailiert auf deutsch. Das wäre mal echt stark.

    …wünsche Dir ein schönes Wochenende.

  4. Ich bin mit Debian nie warm geworden. Bis auf Philosophie hat es mir auch keinen Vorzug gegenüber Ubuntu geboten. Aber damit kann ich mir im Alltag auch nichts kaufen, wenn dann am Notebook nach der Installation nicht mal wlan geht und ich einen Adapter für Lan erst kaufen muss um ins Internet kommen zu können. 6! Setzen!

  5. Ich bin von Ubuntu zu Debian stabile gewechselt. Bin sehr zufrieden. Bei einem Notebook habe ich testing installiert, läuft sehr gut.