Elementary OS 7.1 im Test

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Die Linux Distro elementary OS hat sich einen Namen für sein elegantes und benutzerfreundliches Design gemacht. Mit der Veröffentlichung von elementary OS 7.1 setzt das Betriebssystem seine Tradition fort, eine visuell ansprechende und intuitive Linux-Distribution anzubieten. In diesem Test werfen wir einen Blick auf einige der herausragenden Aspekte von elementary OS 7.1.

Eckpunkte über die Distro

Diejenigen von Euch, die mich schon länger mit begleiten wissen, dass Elementary OS und ich eine Vergangenheit haben. Es war mehrere Jahre meine Haupt-Distro. Nichtsdestotrotz werden meine persönlichen Meinungen hier nach hintenangestellt um Euch so neutral wie nur möglich zu berichten.

Elementary OS basiert auf Ubuntu LTS. In dem Fall basiert Elementary OS 7.1 auf Ubuntu 22.04 LTS. Der Codename für diese Version lautet Horus. Die auffälligste Eigenschaft von elementary OS ist zweifellos sein Desktopdesign. Es verwendet die eigens entwickelte Pantheon-Oberfläche, die auf GNOME-Technologie basiert, jedoch eine einzigartige, minimalistische Ästhetik bietet. Das Design ist sauber, flüssig und elegant, was zu einer nahtlosen Benutzererfahrung führt. Von den Icons bis zur Fensterverwaltung und den Animationen zeigt sich hier die Hingabe zum Detail. Ob man das mag oder nicht, steht auf einem anderen Blatt Papier.

Wer jedoch mal OS X nutzte oder derzeit macOS einsetzt, wird ein paar ähnliche Züge erkennen können, wenn auch gleich wir hier weniger neuere macOS Versionen als Vorbild haben, sondern ehr Generationen wie OS X Leopard oder Snow Leopard.

Wie erwähnt, die Basis ist Ubuntu LTS. Entsprechend liegt hier eine LTS Distro vor, die ihre eigenen Point-Releases veröffentlicht. Die von Ubuntu bereitgestellten Patches werden stets bereitgestellt und obendrauf werden die vom Elementary Projekt bereitgestellten Apps aufgefrischt. Elementary OS ist nur für 64-bit Hardware verfügbar. Neben dem klassischen Debian-Paketformat wird noch das Flatpak Containerformat für Softwarepakete unterstützt.

Die Zielgruppe von Elementary OS sind Desktop Nutzer. Es gibt eine Edition von Elementary OS und diese konzentriert sich auf ein gutes Benutzererlebnis. Dabei werden Nutzer von macOS direkt abgeholt aber auch Windows Nutzer, die mal ein etwas anderes Konzept als unten die Taskleiste ausprobieren möchten, werden eingeladen Elementary OS auszuprobieren.

Was ist neu?

Elementary OS 7.1 bringt schwerpunktmäßig diese Neuerungen mit:

  • Datenschutzoptimierungen
  • Bessere Zugänglichkeit
  • AppCenter-Verbesserungen
  • Verbesserte Gesten- und Tastaturnavigation
  • Ubuntu 22.04.3 (drittes Point-Release inkl. HWE-Stack)

Inbetriebnahme

Den kompletten Installationsprozess hatte ich bereits im Rahmen meiner Serie Wechsel zu Linux auch für Elementary OS behandelt. Das Video ist unten in der Beschreibung verlinkt. Gerne mal reinschauen, wenn Unklarheiten sein sollten.

Mit Version 7.1 wurde der Installer wieder etwas verbessert. Die Eckpunkt sind jedoch in meinem Beitrag behandelt und dokumentiert.

Performance, Desktop & Apps

Systemvermessung

Mein frisches System beanspruchte 7,9 GB von der Platte. Der initiale Benchmarkwert im RAM Konsum lag bei 1,1 GB.

Die Anzahl vorinstallierter Apps lag bei 1612 Debian Paketen und 11 Flatpak Apps.

Und nicht verwirren lassen, nach der Installation von Neofetch waren dann 1644 Debian Pakete installiert.

Desktop

Zum Zeitpunkt der Beitragsveröffentlichung wurde Pantheon in Version 1.521+r592-ubuntu7.1.1 ausgeliefert.

Das Desktop Konzept realisiert unten ein Dock, welches oben von einer Leiste mit verschiedenen Funktionen ergänzt wird. Oben Links ist ein App-Menü, mittig die Uhr mit Zugriff auf  Kalender und Termine, während rechts Systemindikatoren und Steuerelemente wie Lautstärke, Netzwerk, Mitteilungen usw. angebracht wurden.

Einer meiner Kritikpunkte an Pantheon Desktop ist und bleibt die Anordnung der Fenster Symbole. Also links ist schließen und rechts ist maximieren. Minimieren gibt’s standardmäßig leider nicht. Mir ist seit ich Elementary OS zum ersten mal nutze gänzlich schleierhaft, wie man das gut finden kann. Falls Dir das auch so geht, schreibe das gerne mal in die Kommentare hinein. Eine Lösung für dieses Dilemma habe ich auch. Es hießt Tweak Tool für Pantheon Desktop. Damit kann man die Fenster Icons anordnen wie z.B. bei Windows oder macOS. Also entweder links oder rechts. Ich habe außer diesem Demosystem kein Elementary OS System ohne Tweak Tool. Mit diesen Fenster Icons kann ich nicht arbeiten.

Softwareauswahl (Anzahl Apps, Software Stack)

  • Kernel: 6.2
  • Browser: Web
  • E-Mail Client: Elementary Mail
  • Büropaket: nicht vorinstalliert
  • Software-Container: Flatpak

Der Software Stack ist überschaubar. Elementary liefert viele hauseigenen Apps mit. Dazu zählen:

Musik, Web, Mail, Fotos, Videos, Kalender, Dateien, Terminal, Code und Kamera

Das soll einen essenziellen Grundbardarf der Nutzer abdecken. Der enthaltene Webbrowser mit dem Namen „Web“ ist eine Abwandlung des Gnome Browsers Web.

Die Auswahl an Anwendungen mag im Vergleich zu anderen Linux-Distributionen begrenzt sein, aber sie ist sorgfältig kuratiert und auf Qualität ausgerichtet. Entwickler werden ermutigt, über das AppCenter Anwendungen zu veröffentlichen, was zu einer konsistenten und vertrauenswürdigen Softwarequelle führt. Hier liegt nicht nur ein Vorteil, sondern auch ein sehr großer Nachteil. Die Quantität an Apps in den Elementary Flatpak Repos ist überschaubar. Flathub, der größte Marktplatz für Flatpak Apps, ist nicht eingebunden. Heißt wir finden nicht grundlegende Sachen wie Signal Messenger, Spotify oder Slack im App Store. Um hier Abhilfe zu schaffen müssen wir also entweder via Flathub eine App über den Sideload Mechanismus installieren oder wir fügen das Repo manuell im Terminal hinzu. In beiden Fällen ist die Webseite Flathub.org unsere Anlaufstelle.

Dies schlägt leider umso gewaltiger durch, als dass das App Center keine Debian Pakete zum Installieren anbietet. Man ist also rein auf die Elementary Flatpak Pakete angewiesen per Standard. Das ist lausig! Suchen wir also nach bekannten Apps wie Gimp, VLC oder Firefox im App Center, wird dies nicht gefunden. Lediglich ein Hinweis auf Flathub kommt z.B. bei Firefox. Auf diese Weise können wir Firefox via Sideload installieren, was dann auch das Flathub Repo einbindet. Das ist schlecht gelöst und umständlich in meinen Augen. Es ist auch nicht anwenderfreundlich meiner Meinung nach. Diese Sturheit zieht sich leider schon seit einigen Elementary OS Versionen. Scheinbar bin ich einer der wenigen, die das Monieren.

Grundsätzlich realisiert der AppCenter jedoch eine Softwaredistribution nach einem Prinzip der Freiwilligkeit. Heißt ein Entwickler kann seinen Wunschpreis für eine App angeben und ich als Nutzer kann entscheiden ob ich etwas zahle oder nicht und falls ich zahle, kann ich festlegen, wieviel mir das Wert ist. Bis hier hin eine super Idee, die auf allen anderen Plattformen ihres gleichen sucht. Doch auch hier zeigen sich wieder Schwächen, denn die einzige Bezahlmethode ist Kreditkarte. Hast Du vielleicht keine oder willst lieber ein exotisches Zahlmittel wie Paypal nutzen, hast Du leider Pech. Oder ehr der Entwickler, der gerne was für seine gute Arbeit bekommen möchte, aber nichts erhalten kann, weil der App Store nur ein Zahlmittel akzeptiert. Also eine gute Idee, die nicht wirklich gut bis zu Ende gedacht umgesetzt wurde.

Abschließende Gedanken

Kommen wir nochmal auf die Punkte zurück, die sich in Version 7.1 im Vergleich zu 7 veränderten. Hast Du sie noch im Kopf? Das waren

  • Datenschutzoptimierungen
  • Bessere Zugänglichkeit
  • AppCenter-Verbesserungen
  • Verbesserte Gesten- und Tastaturnavigation

Schauen wir der Reihe nach mal rein.

Datenschutzoptimierungen

Bei Datenschutzoptimierungen möchte man den Bedarf an Privatsphäre und der Tatsache, dass sich viele Dienste darum nicht scheren, entgegenwirken. So benachrichten oder Services nun, wenn z.b. der Standort angefordert wurde. Weiter kann man nun festlegen, welche Apps bei Systemstart gestartet werden. Dies ist nun via Schieberegler möglich.

Bessere Zugänglichkeit

Nachdem das elementary OS-Team Feedback von verschiedenen Benutzern mit Sehbehinderungen erhalten hatte, hat es einige nützliche Barrierefreiheitsfunktionen implementiert.

Eine Funktion besteht darin, dass bei der ersten Installation automatisch eine Audioansage abgespielt wird, um Benutzer über die Tastenkombination für den Bildschirmleser zu informieren. Diese Audioansage ist auch während der Ersteinrichtung nach der Installation verfügbar.

Und das zweite ist die Implementierung von fünf verschiedenen Anzeigefiltern, um Menschen mit Farbsehbehinderung dabei zu helfen, sich durch die Distribution zurechtzufinden.

Die Filter sind auf Menschen mit den Problemen Protanopie, Deuteranopie und Tritanopie zugeschnitten. Sie haben außerdem einige zusätzliche Optionen für hohen Kontrast und jede Menge Hilfstext hinzugefügt.

AppCenter-Verbesserungen

Das AppCenter wurde ebenfalls verbessert und zeigt nun an, welche Berechtigungen für alle aufgelisteten oder seitlich geladenen Flatpak-Apps erforderlich sind, um ordnungsgemäß ausgeführt zu werden. Es kann jetzt App-Berechtigungen wie Standort, Senden von Benachrichtigungen, Autostart, Lese-/Schreibsystemeinstellungen und mehr anzeigen.

Verbesserte Gesten- und Tastaturnavigation

Ebenso haben Multitouch-Gesten und Tastaturnavigation dank einer umfassenderen Implementierung im gesamten System einen Aufschwung erfahren.

Benutzer können nun Gesten verwenden, um Arbeitsbereiche zu steuern und mithilfe der verschiedenen neu hinzugefügten Tastaturkürzel zu navigieren. Auch die Einstellungen für das Tastaturverhalten wurden überarbeitet und bieten zahlreiche Optionen zur Optimierung des Erlebnisses.

Fazit

Elementary OS 7.1 ist ein solides Point-Release, welches punktuelle Verbesserungen bringt. Unterm Strich wird Feinschliff ausgeliefert, ohne dabei nun revolutionäre neue Features zu liefern. Das ist auch nicht die Erwartungshaltung an der Sache. Wer Elementary OS 7 im Einsatz hat, wird über die regulären Systemaktualisierungen auf 7.1 kommen. Es ist hierfür nichts weiter nötig als Updates einzuspielen.

Ob ein Wechsel von einer anderen Distro zu Elementary OS 7.1 gerechtfertigt ist, dafür würde ich meine Hand nicht ins Feuer legen. Der Mehrwert fehlt mir. Klar es hat hier und da ein paar Innovationen, aber diese sind seit Jahren platziert und stagnieren seither, denn sie werden schlicht nicht weiterentwickelt. Als Beispiele wären hier der App Store zu erwähnen, der nur auf die einen Apps beschränkt ist und als Zahlweise nur Kreditkarte akzeptiert. Oder die Anordnung der Fenster Symbole. Seit Jahren unverändert. Hier tut sich nichts. Das ist schade. Ich bleibe dabei, dass seit dem Weggang vom Mitgründer Cassidy James Blaede der Fortschritt der Distro merklich nachgelassen hat. Vielleicht war er der kreative Kopf und Danielle Fore mehr im Bereich der Qualitätssicherung verantwortlich, mir unbekannt. Aber seit sich beide zerstritten und Cassidy ging, kam nichts mehr Nennenswertes hinzu. Das bestehende wird punktuell überarbeitet. Das ist völlig legitim und in Ordnung. Aber der große Wurf lässt weiterhin auf sich warten. Also versteht mich nicht falsch. Elementary OS 7.1 ist keine schlechte Distro aber die Magie, die einst mit dieser Distro einherging, scheint mir irgendwie abhanden gekommen zu sein.

Jetzt würde mich interessieren, was Eure Meinung zu Elementary OS 7.1 Horus ist. Gefällt es Euch? Seid Ihr als Elementary OS Nutzer zufrieden? Oder erwägst Du einen Wechsel zu Elementary OS? Schreibt Eure Meinung und Gedanken bitte gerne in die Kommentare rein.


9 Comments

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  1. Ausprobiert habe ich es, schönes Design, gefällt mir optisch. Allerdings wirkt die Distro insgesamt wie gewollt und nicht gekonnt. Schafft man es, Apps außerhalb des Stores zu installieren, wirken diese vom Icon her seltsam fremd. Die Menüs und Abfragen wirken klar und übersichtlich, ab und zu überkommt einem ein Hauch von Mac OS… Ich stimme Michl voll zu, guter Ansatz aber gefühlt irgendwo in der Entwicklung stecken geblieben. Als Arbeits- oder Haupt Distro keinesfalls zu empfehlen es sei denn, man beschränkt sich auf Internet, Mail und ab und zu ein Brieflein schreiben.

  2. Warnung: Es folgt Genörgel.

    Statt um Augenschmaus, Modemist hinterherrennen und politische Korrektheit, sollte sich auch diese Linuxdistribution besser endlich mal um die konsistente Bedienung kümmern. Wenn man schon irgendwelche Benutzeroberflächen imitiert.

    Trifft jetzt nicht alles auf ElementaryOS zu:
    Mal eben eine App Verknüpfung auf den Schreibtisch legen, oder einen Weblink, oder Drag and Drop aus dem Browser – immer wieder neues Suchspiel nach “How To”. Dazu diese elende unerwünschte Änderung im Scrollverhalten samt Scrollbalken ausblenden oder den so schmal zu machen, dass ich den kaum mehr treffe – als ob man es darauf anlegt, Otto Normaluser (ohne persönlichen Admin) zu vergraulen. Da ist dann mal gerne der größere Mauszeiger in dem einen oder anderen Anwendungsfenster mal wieder zu klein. Fontdarstellung: Treffe hier immer wieder auf mehr oder weniger matschige Anzeige, gerne im Browser. Antialiasing, Glückssache.

    Bei ElementaryOS finde ich einzig den großen orangenen Becher aus dem Fanartikel Angebot mit dem schicken Elementary Logo gut. Da hat die Bestellung (per Kreditkarte, klar) sauber funktioniert. Die Lieferung erfolgte zum ausgewiesenen EUR Endpreis und bruchsicher verpackt war die Ware auch noch. Danke!

  3. Tolles Review!

    als eOS Fan finde ich die objektive Kritik genau richtig platziert und auf den Punkt gebracht.

    Tatsächlich eher ein am Leben erhalten, statt nach vorne zu gehen…fragwürdige Zukunft in dieser Situation.

    VG

  4. Moin Moin, ich hätte gerne für ElementaryOS gespendet, aber wie in deinem Video schon kritisiert, habe ich keine Kreditkarte, wodurch sich die Entwickler leider selber blockieren. Das ist sehr schade, da die Distribution mir eigentlich sehr gefällt. Danke für deine Mühe und Freizeit, die du uns in Form von solchen Klasse-Videos zur Verfügung stellst. MFG: Evilware666

  5. ich hatte es installiert, bin aber wieder auf MX zurück, da wie beschrieben, die gewohnte Software nicht zu installieren war.
    und der Browser halt nicht meine Firefoxeinstellungen übernommen hat.
    Vom Design her ziemlich bunt.

  6. Hallo Michl
    Ich verstehe nicht, warum du nicht mal deine eigene Nutzungsgewohnheit/Präferenz hinterfragst. Bei jedem elementaryOS Test beschwerst du dich ellenlang über die links/rechts angeordneten Fenster-Buttons und über dein Problem, Fenster ohne Button zu minimieren/maximieren. Beschwerst du dich auch über MSWindows, weil die Buttons rechts sind und über OSX weil sie links sind? Bei elementaryOS ist es eben so, da gewöhnt man sich dran, wenn man nicht immer was anderes ausprobiert.
    Hast du mal versucht die Fenster per Doppel-Klick auf das zugehörige Icon in der Leiste zu minimieren/maximieren, statt nach nem extra Button zu suchen? Ich benutze elementaryOS seit 0.3 Freya und irgendwie hab ich das Minimieren/Maximieren intuitiv hinbekommen, ohne je einen Knopf zu vermissen.
    Aber vielleicht bin ich einfach humorlos und verstehe deinen Running-Gag mit den elementaryOS-Fenstern nicht.

  7. Thanks. Sehr für mich nachvollziehbar kommentiert. Mängel überwiegen “Magie” inzwischen … nutzte es Jahre, jetzt Mint.

  8. Im großen und ganzen bin ich völlig d’accord mit der Mängel-Beschreibung. Was mich zudem am meisten stört, ist die fehlerhafte Darstellung von Anwendungen wie z. B. Gimp oder LibreOffice, die sich nicht abstellen lässt. Sieht teilweise aus wie Windows 3.x… Die von Elementary angepriesene neue Version 8 müsste komplett umgekrempelt werden. Schade, dass soviel Potenzial vergeudet wird/wurde…